Prägend für den ganzen Ort



Silke Tiemann (8.v.I.) und Klaus-Dietrich Keßler (rechts neben ihr) begrüßen auf dem Hof die Besucher. Foto: C.LehrGESCHICHTE "Tage der Industriekultur Rhein-Main" befassen sich mit der Waechtersbacher Keramik in Schlierbach

BRACHTTAL (cle). Bereits im letzten Jahr nahm die Gemeinde Brachttal an den "Tagen der Industriekultur Rhein/Main" teil. In diesem Jahr star­tete eine Gruppe von etwa 30 Perso­nen aus dein Rhein-Main-Gebiet auf den Platanenhof der Steingutfabrik „Waechtersbacher Keramik" in Schlier­bach. Die Geschäftsführerin des Fab­rikladens, Silke Tiemann, und der Sammler und Kunstexperte Klaus-Diet­rich Keßler begrüßten dort die Gruppe und erläuterten die Geschichte der his­torischen, denkmalgeschützen Gebäu­de der Fabrik und ihrer Entwicklung in Laufe der Zeit.

Im Juni 1832 wurde die Steingutfa­brik auf Initiative der Fürsten des Prin­zen von Ysenburg zu Büdingen gegrün­det. Anfangs wurde in Weilers produ­ziert. Bereits im Jahre 1834 wurde die Produktion nach Schlierbach verlegt, berichtete Keßler, der mit seiner Ehe­frau Markes in Streitberg das private Lindenhof-Keramikmuseum betreibt. Ungewöhnlich für eine „Bauernge­gend" seien die Sandsteingebäude aus dem Jahr 1856/1857. Das Gebäude mit der alten Uhr sei in der Zeit von 1870 bis 1890 entstanden, die Sirene auf dem Dach des Hauses zeigte den Fab­rikarbeitern Schichtanfang und -ende an. Auch eine Eisenbahnlinie, eine Teilstrecke der Vogelsberger Südbahn habe dorthin geführt, erklärte er. Vor dem Ersten Weltkrieg legte die Fabrik kräftig zu und beschäftigte zu dieser Zeit die meisten Arbeitnehmer. Und nach dem Zweiten Weltkriegen herrschte wieder Nachholbedarf. und die Fabrik lief wieder richtig an. In der Zeit des sogenannten „Dritten Rei­ches" gab es viele Vollzeitbeschäftigun­gen, denn hier wurde das Geschirr für das Heer und die Luftwaffe produziert, so Keßler. Nach dem „Boom" nach dem Zweiten Weltkrieg ging es mit der Waechtersbacher Keramik langsam ab­wärts, es gab keine Facharbeiter mehr, lediglich angelerntes Personal. Bei der Schließung beschäftigte die Fabrik noch rund 80 Mitarbeiter. Teile der Fabrik sind heute Industriedenkmäler, so wurde auch ein Förderverein zum Erhalt der Gebäude gegründet.

„Der ganze Ort ist durch die Fabrik geprägt", sagte Keßler stolz, bevor die Gruppe dazu überging, sich einen Film über die Steingut-Produktion in der Fabrik anzuschauen. In der sich neu entwickelnden Museums-Produktion erhielten die Besucher einen Einblick über das Auflegen von Schiebebildern auf Keramiken und bekamen ebenso die Funktion einer Töpferscheibe sowie des Brennofens erklärt. Nach einer kleinen Stärkung fuhr die Gruppe wei­ter nach Spielberg in das Brachttal-Mu­seum und in das Keramikmuseum Lin­denhof in Streitberg, die hochkarätige Ausstellungen über Keramik aus Schlierbach beherbergen.

Insgesamt 40 Städte und Kreise in Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz haben sich mit denn FrankfurtRheinMain in der Kultur-Re­gion FrankfurtRheinMain GmbH zu­sammengetan,  um den Menschen in der Region bedeutsame Kulturprojekte und Veranstaltungen vorzustellen. Die Tage der Industriekultur Rhein-Main wurden bereits zum zwölften Mal in der Zeit von 18. bis 27 Juli veranstaltet.

Quelle: Gelnhäuser Tageblatt 28.07.2014