Kacheln waren einst groß in Mode



Die beiden unteren Kacheln stammen aus der Waechtersbacher Keramik, in der Mitte sind zwei Skizzen von Ursula Fesca zu sehen. (Foto: Löchl)Weihnachtsausstellung im Lindenhof Keramik-Museum mit besonderen Exponaten

Brachttal-Streitberg (dl). Vergleichbar mit den auf alten holländischen Vorlagen dargestellten Wellen sind die Kacheln im Delfter Blau Immer mal wieder in Mode ge-kommen. Auch Ursula Fesca ließ sich bei den Entwürfen für die Waechtersbacher Keramik davon inspirieren. In der heutigen Zeit sind die Kacheln sowohl als Wandschmuck als auch als Zierde von Gebrauchsgegenständen nicht mehr gefragt, bedauern Marlies und Klaus-Dietrich Keßler, die deswegen Ihre Weihnachtsausstellung Im Lindenhof Keramik-Museum diesem Thema gewidmet haben.

Einen regelrechten Kachel-Boom gab es in der Zeit der 1940er bis 1960er Jahre, weiß Klaus-Dietrich Keßler aus eigener Erinnerung. Tabletts, Beistelltische und Teewagen sowie Nassbereiche in der Küche, Hausbars oder ganze Kachelöfen wurden damit verziert beziehungsweise verkleidet. Dass die erhaltenen Waechtersbacher Kacheln aus dieser Zeit, von denen einige auch in der Sonderausstellung zu sehen sind, zumindest von den holländischen Fliesen mit ihren Schiffsdarstellungen und Seezeichen inspiriert wa-ren, das führt Keßler darauf zurück, dass die Künstler der Fabrik immer das Ohr am Puls der Zeit hatten", und dass man sich auch fremden Einflüssen nicht verschlossen hat. Sowohl die im Museum gezeigten Originale als auch die dort einsehbaren Originalentwürfe von Ursula Fesca aus dem Ar¬chiv der Keramikfabrik bringen es an den Tag - bei den eigenen Kreationen hat man sich sehr stark an historische Vorbilder angelehnt. Von denen sind überwiegend Stücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert ausgestellt.

Tatsächlich stammen die ältesten gebrannten Fliesen, soweit heute bekannt, schon aus dem vierten vorchristlichen Jahrtausend. Sie wurden in Ägypten hergestellt. Das vollflächig mit Fliesenbildern verzierte Ischtar-Tor von Babylon, das heute im Pergamon-Museum zu sehen ist, wurde unter König Nebukadnezar zirka 600 Jahre vor Christus erbaut. Die im 16. Jahrhundert in Frankreich und den Niederlan¬den aufblühende Fayence-In-dustrie stellte Kacheln mit Schiffs- und Seefahrtmotiven her, die im 17. Jahrhundert die Walfänger auch mit nach Deutschland brachten. Es gab den ersten Kachel-Boom im Land, und wohlhabende Reeder und Kapitäne ließen ganze Wände in ihren Häusern mit den kostbaren Kacheln schmücken.

Etwa bis zum Jahr 1600 hat man in den Niederlanden mehrfarbige Fliesen hergestellt. Danach wurden sie ausschließlich mit blauer Farbe bemalt - daher auch der Name Delfter Blau; etwa ab 1750 wur¬den manganfarbene Kacheln modern. Die Exponate, die meist 300 bis 400 Jahre alt sind oder aus dem 20. Jahrhundert stammen, hat Keßler in vielen Jahren zusammengetragen. Dabei haben ihn die Segelschiffe, Meeresuferlandschaften, aber auch Menschen- und
Tierdarstellungen gefesselt. Eine Folge von Kinderszenen oder "Springertjes", das ist der holländische Name für die Tierdarstellungen im 17. Jahrhundert, die die Tiere immer springend zeigen, sind weitere charakteristische Exponate. Die Sonderausstellung ist noch am vierten Adventssonntag oder nach vorheriger Vereinbarung im Lindenhof Keramik-Museum zu sehen.

Quelle: Gelnhäuser Neue Zeitung 14.12.2013

Aktualisiert (Montag, den 27. Januar 2014 um 10:38 Uhr)