Fisch appetitlich auf den Tisch



Sonderausstellung im Lindenhof Keramik-Museum zu 80 Jahren Formentreue

Brachttal-Streitberg (dl). Ausgerechnet die Formen eines Fisch-Services von Modelleur Adolf Müller haben sich nahezu 80 Jahre im Programm der Wächtersbacher Keramikfabrik gehalten. Für Marlies und Klaus-Dietrich Keßler war das Grund genug, diesem Essgeschirr mit den im Laufe der Zeit wechselnden Dekoren eine Sonderausstellung zu widmen. Ergänzt wird die Ausstellung im Lindenhof Keramik-Museum mit anderen parallel dazu in der Fabrik hergestellte Formen für die gei pflegte Fisch-Esskultur.

Klaus-Dietrich Keßler geht der Form auf den Grund. (Foto:Löchl)

Dem 1885 in die Keramikfabrik eingetretenen Modelleur Müller schreiben Heinz und Lilo Frensch in ihrem grundlegenden Buch „Wächtersbacher Steingut“ die, so lange hergestellte Form eines Fisch-Essgeschirrs zu. Aufgrund der immer stärker werdenden Nachfrage nach Keramikprodukten wurde der aus Gotha stammende Müller von Fabrikleiter Max Roesler eingestellt. Nach dem späteren Ausscheiden Roeslers folgte Müller seinem ehemaligen Chef und Gönner 1905 nach Rodach. Seine Kreation des Fisch-Services lebte aber noch bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in der Produktion der Keramikfabrik weiter.

Zunächst mit Pastellfarben aufwendig bemalt, war das Service mit seinen für alle Eventualitäten eines Fischgerichtes ausgestatteten Teilen nicht nur sehr praktisch, sondern auch eine Zierde für jede Tafel. Neben einigen ausgewählten Stücken in der Sonderausstellung kann der Besucher sich darüber hinaus in der Keßlerschen Sammlung ein Bild machen, wie umfangreich dieses Tafelgeschirr damals war. Anhand des Firmenstempels auf der Unterseite der Keramiken lässt sich das Produktionsdatum bestimmen, das die Frenschs mit 1901 angegeben haben.

Im Laufe der langen Produktionszeit änderten sich Dekor und Qualität der Erzeugnisse, die Form ist gleich geblieben. So kann man bei späteren Produktionen erkennen, dass Farbgebung und Bemalung vereinfacht, die Oberflächenstruktur nicht mehr so charakteristisch herausgearbeitet wurde. Das kann damit zusammenhängen, dass die zur Herstellung der Rohlinge angefertigten Gipsformen länger eingesetzt und damit stärker abgenutzt wurden. Auch wurden Produk-tionsprozesse vereinfacht: Eine Sauciere, zunächst in einem Stück hergestellt, wird später aus zwei Teilen gemacht. Das im letzten Produktionszeitraum verwendete, schlichte olivgrüne Dekor gewann durch die wieder stärker herausgearbeitete Oberflächenstruktur an Lebendigkeit und Raffinesse.

Neben der von Müller ursprünglich modellierten Form werden auch Stücke von anderen Künstlern in der Ausstellung gezeigt. Besonders auffallend ist das blaue Service, von dem Ursula Feska wahrscheinlich sowohl das Dekor als auch die Form entworfen hat. Es wurde in der Zeit von 1962 bis 1965 in der Wächtersbacher Keramikfabrik hergestellt.

Auch wenn das Essgeschirr, das in Form und Dekor keinen Zweifel daran lässt, was darauf serviert werden soll, über all die Produktionsjahre seinen Reiz behalten hat, so ist es für Klaus-Dietrich Keßler erstaunlich, dass ausgerechnet ein Fisch-Service als die am längsten produzierte Keramikform in die „Waechtersbacher" Firmengeschichte eingegangen ist. An jedem ersten Sonntag im Monat (erstmals am 3. April) oder nach vorheriger Anmeldung zeigt das Ehepaar Keßler seine Sonderausstellung bis Ende Mai.

Quelle: Gelnhäuser Neue Zeitung 02.04.2011