Blümchen über die Keramik verstreut
Frühlingsausstellung im Lindenhof-Museum
Brachttal-Streitberg (dl). Passend zur Jahreszeit präsentieren Marlies und Klaus-Dietrich Keßler in ihrem Lindenhof-Museum eine Frühlingsausstellung, die die Unbekümmertheit und die Leichtigkeit einer Schaffensperiode der Wächtersbacher Keramik anfangs des vergangenen Jahrhunderts zeigt. Das „Streublümchen"-Dekor hat sich vom streng geometrischen Aufbau im späten Jugendstil zum ungezwungenen, fröhlich optimistischen Design in den „Goldenen Zwanzigern" entwickelt und dabei eine Fülle von mit verschiedenen Blumenmustern geschmückten Keramik-Serien hervorgebracht.
Keine Gebinde, kein Blumenstrauß, sondern einzelne Blumen, wie über die Keramiken verstreut, strahlen auf den meist als Gebrauchsgegenständen verwendeten Geschirren und Gefäßen eine kindliche Unbeschwertheit aus. Auch die früher geflochtenen Körbchen wurden in dieser Zeit fertigungstechnisch stark vereinfacht hergestellt, denn sie waren nicht für die Vitrine, sondern zum täglichen Einsatz bestimmt. Keramiken mit „Streublümchen“-Dekoren sind in den 20er- und 30er-Jahren in der Wächtersbacher Keramikfabrik in großen Stückzahlen hergestellt worden, weil sie sich großer Beliebtheit erfreuten - und das offenbar gerade deswegen, weil sie fröhlich bunt und keiner ein schränkenden Stilrichtung gehorchend gefertigt wurden.
In vielen verschiedenen. Dekoren, als Gebrauchsgegenstände entworfen, brachte die Fabrik Ess- und Kaffeegeschirre, Töpfchen und Dosen, Vorlege- und Servierplatten, Obstkörbe und Blumenschalen zu erschwinglichen Preisen auf den Markt, Bei der Färbung wurde auch schon mal auf das Biedermeier oder andere Stilrichtungen zurückgegriffen; eine neue Stimmung wollte man offenbar nicht kreieren Insgesamt acht verschiedene Dekore mit „Streublümchen“ umfasst die Sammlung der Keßlers die repräsentativen und charakteristischen Stücke werden in der Sonderausstellung gezeigt.
Beginnend mit Objekten aus der Zeit um 1907 bis 1915 sind mehr oder weniger zu Dekorationszwecken hergestellte Keramiken mit jugendstilanmutenden Dekoren ausgestellt. Diese waren in erster Linie für die Vitrine in der „guten Stube“ bestimmt. Da findet man schon einmal überraschende Besonderheiten, was die Gestaltung angeht. Zum Beispiel stehen die streng geometrisch in Feldern angeordneten Blumen zur Zierde einer Suppenterrine auf dem Kopf. Eine andere Serie, die in Zusammenarbeit mit der Firma WMF hergestellt wurde, ist mit einem Metallrand verziert worden. Die aufwendige Ausstattung beweist, dass der repräsentative Charakter im Vordergrund stand.
Gleich mehrere Beispiele der spielerischen Verwendung von verschiedenen „Streublümchen“-Dekoren in der Zeit um 1920 und danach kann man ebenso bestaunen. Hier hat der Designer scheinbar einen ganzen Korb mit Streublumen über den zu dekorierenden, unfertigen Scherben ausgeschüttet und das Ergebnis, so scheint es, dem Zufall überlassen.
Klaus-Dietrich Keßler ist, es mit der aktuellen Ausstellung ein besonderes Anliegen zu zeigen, dass man gerade auch in den 20er- und 30er-Jahren in der Kunst Beispiele für optimistisches Denken und Lebensfreude finden kann, hat doch zu der Zeit noch niemand an Krieg gedacht und es sah so aus, als ob es überall aufwärts gehen würde.
Quelle: Gelnhäuser Neue Zeitung 14.05.2010